Neue Möglichkeiten für erneuerbare Energien in der Wasserburger Altstadt

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Mit der in der letzten Stadtratssitzung vor der Sommerpause einstimmig beschlossenen neuen Gestaltungssatzung hat der Wasserburger Stadtrat jetzt die Möglichkeiten deutlich verbessert, im Bereich der historischen Altstadt erneuerbare Energien, insbesondere Solaranlagen, nutzen zu können. Auslöser war ein Antrag der Grünen Stadtratsfraktion aus dem Jahr 2019.

Unmittelbare Folge des Antrages war nach einer ersten Behandlung im Bauausschuss und der Beteiligung des Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) ein Modellprojekt „Denkmalschutz und Erneuerbare Energien“, das von Professor Georg Sahner (G.A.S.) aus Augsburg begleitet wurde. Dieses hatte, verstärkt durch die aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt, bereits im Entstehungsprozess bayernweit Beachtung gefunden und zahlreiche Medien hatten darüber berichtet. Dass sich dieses Modellprojekt, an dessen Ende nun die Neuaufstellung der Gestaltungssatzung stand, über 4 Jahre hingezogen hat, war nicht nur der Pandemie und den daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen geschuldet, sondern auch der Komplexität des Themas sowie der Einbindung der verschiedenen Interessensgruppen.

Neben ungezählten Besprechungen des städtischen Bauamtes mit dem BLfD sowie dem betreuenden Büro und mehreren Arbeitssitzungen des Bauausschusses war auch der Klimaschutzdialog der Stadt mit dem Thema befasst und schlussendlich gab es auch noch zweimal eine Öffentlichkeitsbeteiligung in Form sogenannter Bürgerforen.

Dabei stand bei allen Beteiligten im Vordergrund, Denkmalschutz und Klimaschutz nicht als unüberwindbare Gegensätze zu begreifen, sondern beides sinnvoll miteinander zu vereinen und zu versöhnen.

Die nun als Satzung gefundene Lösung stellt nach Ansicht der Grünen Stadtratsfraktion einen durchaus gelungenen Kompromiss dar, welcher den speziellen Gegebenheiten der Wasserburger Altstadt ausreichend Rechnung trägt. So sind die relativ flach geneigten und überwiegend blechgedeckten Dächer, die sich – typisch für Inn-Salzach-Städte – größtenteils hinter hochgezogenen Vorschussmauern verstecken, insgesamt hervorragend für eine unauffällige Integration von Solar- und PV-Anlagen geeignet. Gleichzeitig gibt es durch die spezielle Topographie und die höhergelegenen Aussichtspunkte generell keine „nicht einsehbaren“ Dächer im Altstadtbereich.

Die neue Gestaltungssatzung trägt dem mit einem Rahmenplan Rechnung, der die Altstadtdächer, gestaffelt nach deren Einsehbarkeit und städtebaulicher Bedeutung im Stadtbild, in vier Kategorien einteilt, wobei lediglich die wenigen steil aufragenden und stadtbildprägenden Ziegeldächer der Kategorie 1 (Burg, Kirchen, Rathaus) von einer Bebauung mit Solarmodulen freizuhalten sind.

Die übrigen drei Kategorien müssen bei der Errichtung von Solaranlagen abgestuft unterschiedliche Anforderungen einhalten, wobei zum einen die bisher geltende rigide Größenbeschränkung für alle Kategorien entfallen ist. Gleichzeitig müssen jedoch auch auf den unempfindlichen Flächen der Kategorie 4 immer noch gestalterische Mindestanforderungen wie eine flach aufliegende, nicht aufgeständerte Montage, die Verlegung in geschlossenen rechteckigen Feldern und die Verwendung matter, rahmenloser Module beachtet werden.

Ein finanzieller Mehraufwand für besonders denkmalverträgliche Lösungen wird künftig ggf. als denkmalpflegerischer Mehraufwand bezuschusst oder zumindest steuerlich geltend gemacht werden können. Die Rahmenbedingungen hierfür sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Ein weiteres Ziel war es daher auch, die laut Satzung möglichen Lösungen mittels konventioneller Module zu ermöglichen und so Mehrkosten zu verhindern. Dies ist nach Ansicht der Grünen Stadtratsfraktion zumindest für die Kategorien 3 und 4 gelungen. Diese machen ca. 75% der gesamten Dachflächen im Ensemblebereich aus.

Knackpunkt der Beratungen waren dann auch die Anforderungen der Kategorie 2 der „ensembleprägenden sowie von Straße, Platz und/oder Aussichtspunkten einsehbaren“ Dachflächen. Hierbei gilt es zu bedenken, dass zumindest Teilflächen dieser Gebäude im Zuge der stets erforderlichen Einzelfallbetrachtung auch in die mit weniger Anforderungen verbundene Kategorie 3 eingestuft werden können. Ob auf den restlichen Dachflächen die formulierten Auflagen der Kategorie 2 technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar sind, gilt es im weiteren Verlauf kritisch zu beobachten. Nach Ansicht der Grünen Stadtratsfraktion ist daher ein Monitoring der künftig beantragten und genehmigten Anlagen erforderlich, verbunden mit der Bereitschaft, die Satzung entsprechend neu hinzugewonnener Erkenntnisse auch nochmals anzupassen und zu optimieren.

Im Zuge der Neuaufstellung der Gestaltungssatzung wurden auch die übrigen Anforderungen der alten Satzung einer Prüfung unterzogen und dort, wo nötig, angepasst und konkretisiert. Dabei wurde auch einigen Fehlentwicklungen, zu denen es trotz des bisher schon recht guten Regelwerks in letzter Zeit gekommen war, Rechnung getragen.

Bereits kurz vor der Verabschiedung der neuen Satzung hat der Bayerische Landtag mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes die Errichtung von Solaranlagen im Denkmalbereich erleichtert. Dennoch herrscht bei vielen Planern und auch den Unteren Denkmalschutzbehörden vielerorts noch Unklarheit, was genau nun künftig möglich sein soll und was nicht. Zu vielfältig sind die individuellen Anforderungen und Rahmenbedingungen sowie die Denkmallandschaft insgesamt, um landesweit einheitliche und verbindliche Regelungen zu formulieren.

Mit der neuen Gestaltungssatzung haben Bauherren und Planer nun zumindest in Wasserburg ein gutes und praxistaugliches Planungsinstrument zur Hand, welches bei konsequenter Anwendung einen wertvollen Beitrag leistet, das einmalige Ambiente der Wasserburger Altstadt und seine historische Ansicht zu bewahren und gleichzeitig Neues zu ermöglichen. Dieses soll nun noch durch eine Gestaltungsfibel, in welchem die Gestaltungsanforderungen anhand von Positivbeispielen auch bildlich dargestellt werden, eine sinnvolle Ergänzung finden.